Dauerhaftigkeit und Vergänglichkeit
Anello von Umberto Cavenago stellt eine Herausforderung an die traditionelle Statik der Kunst dar und verwandelt die Geste des Zeichnens in eine körperliche und dynamische Erfahrung. Auf einer Wiese am Ufer des Lago Maggiore gelegen, findet dieses Werk seine Stärke in der Symbiose mit seiner natürlichen Umgebung.
Die scheinbar einfache Vorrichtung offenbart eine ausgeklügelte Funktionsweise: Eine 2,5 m lange Stahlstange verbindet einen festen Punkt mit einem Rad von 80 cm Durchmesser. Der feste Punkt, der sich um 360° dreht, ist durch horizontale und vertikale Lager gelenkig gelagert, so dass sich die Stange wie ein großer Kompass kreisförmig bewegen kann. Durch Schieben der Vorrichtung zeichnet das Rad ein Muster auf den Rasen, einen ephemeren Ring, der mit der Morphologie des Bodens interagiert.
Diese Bewegung erzeugt eine ästhetische Spannung zwischen dem Ewigen und dem Vergänglichen: Der Blick auf das ruhige Wasser des Sees mit seiner natürlichen Horizontalität steht im Kontrast zur Wiese, die leichte Höhenunterschiede aufweist. Durch die Interaktion des Rades mit dem unebenen Boden entsteht ein temporäres Muster, ein Ring, der wie ein flüchtiger Abdruck menschlicher Präsenz hervorsticht.
Cavenagos Werk lädt den Betrachter nicht nur dazu ein, über das Wesen der Zeichnung und der Darstellung nachzudenken, sondern auch über den unaufhörlichen Dialog zwischen Dauerhaftigkeit und Vergänglichkeit. Die ewige Stabilität des Sees kontrastiert mit der Veränderlichkeit des Rings und unterstreicht die komplexe Beziehung zwischen Mensch und Natur, zwischen dem menschlichen Zeichen und der unveränderlichen natürlichen Landschaft. Anello wird so zu einer aussagekräftigen Metapher für unsere Existenz: ein prekäres Gleichgewicht zwischen dem, was still ist, und dem, was ständig im Werden ist.
L.B., 2011
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